Sim

Expertenbericht zum Praktikumsversuch
Simulation
WiSe 2021/2022

Abgabedatum
08.12.2021

Expertengruppe 12
Tim Schaper
Piet Gogolin
Aaron Erfanian




Was sind Simulationen und welchen Nutzen bieten sie?

Simulationen sind insbesondere bei der Lösung von neuartigen Trennproblemen hilfreich. In der Vergangenheit musste hierfür der Versuch so oft wiederholt werden, bis die chromatographischen Parameter eine ausreichende Trennung ergaben. Dieser Prozess war/ist sehr zeit- und kostenintensiv. Hier sind kommerzielle Simulationen ein sehr nützliches Tool. Dabei kann vor Durchführung der Trennung in sehr kurzer Zeit ohne Zusatzkosten (zur Lizenz) eine Vielzahl an Parametern bestimmt werden. Diese können dann praktisch überprüft und bei Bedarf angepasst werden. Der größte Nutzen kann erzielt werden, wenn verschiedene Programme zur physikochemischen Modellierung von Chromatographien hinzugezogen werden, da jedes einzelne Programm andere mathematische Modelle und Daten nutzt. Simulierte Chromatographien werden häufig in der Verfahrenstechnik eingesetzt, da dort für neue Substanzen Trennmechanismen entwickelt werden müssen. Mit dem Simulationsprogramm können Vorversuche stattfinden, die später experimentell validiert werden können.

Neben der Industrie finden sich weitere Einsatzgebiete für Simulationen von chromatographischen Trennsystemen in der Bildung ( z.B https://hplcsimulator.org/ ) oder Forschung. 1

Der Simulationsversuch

Der Simulationsversuch zur Ermittlung der physikochemischen Eigenschaften mit “Chemdraw” und “Marvinsketch”

pK_a-Werte des Arzneimittels Levodopa mithilfe von Marvinsketch simuliert 2

Chemdraw ist ein Programm der Firma PerkinElmer Informatics. Es ist wie Marvinsketch ein Programm zum Darstellen von Strukturformeln und Reaktionen. Es kann ebenfalls verschiedene physikalische und chemische Stoffeigenschaften berechnen und NMR-Spektren simulieren. Bei simulierten Spektren gibt das Programm an, wie gut die chemischen Verschiebungen der einzelnen Peaks simuliert werden können.

Das Programm Marvinsketch der Firma Chemaxon ist ein Editor für Strukturformeln, indem jedes Molekül einfach gezeichnet werden kann. Für unser Labor besonders interessant: In diesem können Stoffeigenschaften wie Säurekonstante oder Löslichkeit simuliert werden. Falls es Schwierigkeiten beim NMR-Versuch gibt, lassen sich hier auch die NMR-Spektren simulieren. Um das Programm zu Hause nutzen zu können, muss man sich einfach auf der Website registrieren und angeben, an der TU-Braunschweig zu studieren. Danach erhält man einen Lizenz-Key und kann direkt loslegen.

Allgemein ist zu beachten, dass sowohl MarvinSketch als auch ChemDraw Werte, wie den pKs-Wert und Schmelzpunkte, anhand von Strukturformeln ermitteln können. Jedoch sind diese Werte teilweise ungenau und entsprechen nicht den Literaturwerten, weshalb Rechnungen hier nicht genau werden und auf Literaturwerte zurückgegriffen werden sollte.

ACD/Labs LC/GC-Simulator zur Simulation von Trennproblemen

Der LC/GC-Simulator ist, anders als MarvinSketch oder Chemdraw, ein Programm welches Gas- oder Flüssigchromatographien simulieren kann. So kann Beispielsweise der Einfluss von Temperatur, pH oder Lösemittelzusammensetzung verändert werden. Das Programm kann auch oben links anzeigen wie gut die Auflösung der jetzigen Einstellungen sein würden. Die bestmögliche Trennung wird erhalten beim Klicken auf den "Optimise Resolution"-Button. Der Simulator nutzt einerseits selbst experimentell ermittelte Daten, und andererseits rein simulierte Daten. Damit lässt sich herausfinden, wie sich ein zusätzlicher Analyt im Vergleich zu einer bereits durchgeführten Trennung verhalten würde. Dieses Programm wird jedoch von ACD/Labs nicht mehr unterstützt. Eine 30-Tage Probeversion des Nachfolgeprogramms kann jedoch auf der Website des Unternehmens erworben werden. Möchte man jedoch die Vollversion haben, muss man einen Betrag von 1800 Euro zahlen.3

Versuchsbeschreibung

Im ersten Teil des Versuches wird sich mit zwei verschiedenen Strukturformel-Editoren vertraut gemacht. Der zweite Teil des Simulationsversuches dient dazu, die theoretischen Hintergründe zu HPLC und GC weiter zu vertiefen, ohne jedes Mal eine zeitaufwendige Analyse durchführen zu müssen. Dabei erhält jeder eine individuelle Aufgabenstellung. Die Analyse verschiedener Trennprobleme mithilfe von Simulationen besteht aus zwei Teilen.

Im ersten Teil werden physikalische und chemische Eigenschaften eines organischen Moleküls (Gruppenspezifischer Arzneistoff) mit den Programmen Marvinsketch und Chemdraw simuliert. Beide Programme dienen hier in dieser Versuchsanordnung dazu, die Wasserlöslichkeit und den pKs-Wert eines Moleküls festzustellen. Wurde sich mit beiden Programmen vertraut gemacht, muss das für die Aufgabe speziell erhaltene Molekül gezeichnet werden. Mit Hilfe der ermittelten Werte über die physikochemischen Eigenschaften kann abschließend die Wasserlöslichkeit mit der Yalkowski-Gleichung berechnet werden. Anschließend soll das Ergebnis unter Einbeziehung der verbalen Einstufung der Löslichkeit nach Ph. Eur. in Hinblick auf die Wahl der Arzneiform angewandt werden. Zusätzlich können noch über die erhaltene Löslichkeit chromatographische Eigenschaften und ein instrumenteller Aufbau abgeleitet werden.

Im zweiten Teil werden mit dem LC/GC-Simulator von ACD/Labs verschiedene flüssig- oder gaschromatographische Probleme analysiert. Dabei wird sich zunächst mit dem Programm und dessen allgemeinem Aufbau vertraut gemacht. Anschließend wird sich über wichtige Fachbegriffe wie zum Beispiel Suitability (wie gut sind die ausgewählten Einstellungen zur Lösung des Problems geeignet), Resolution (das Maß über die Auflösung) und Data Input (Interface zur Eingabe der Trennparameter wie z.B Säulentemperatur oder pH-Wert) informiert. Im nächsten Schritt wird ein individuelles Trennproblem behandelt, dabei wird ermittelt, wie sich die Zusammensetzung des Laufmittels, das Verzögerungsvolumen oder die Flowrate auf das Chromatogramm auswirken.

Abschließend ist zu konstatieren, ob der Einsatz der Software zur Lösung des Trennproblems gewinnbringend war.

Auswertung

Löslichkeitstabelle nach Europäischen Arzneibuch 4

Yalkowski-Gleichung:

⚠ $$ logS_w^{fest}=0,5-0,01(Smp.-RT)-logP⚠ $$ ⚠ $$c_{max}=10^{logS}*1mol/l⚠ $$

Legende:

logP: Maß für die Hydrophilie
logS: Logarithmische Molare Wasserlöslichkeit
cmax : maximale Wasserlöslichkeit in Mol/L
Smp: Schmelzpunkt in °C
RT: Raumtemperatur in °C

Die Programme Marvinsketch und Chemdraw simulieren für diese Gleichung den logP Wert. Dieser Wert ist der Octanol/Wasser-Verteilungskoeffizient und gibt das Verhältnis von der Lipophilie zur Hydrophilie einer Substanz an.Handelt es sich um einen lipophilen Stoff befindet sich der logP-Wert im positiven Bereich, ist der Stoff jedoch hydrophil, ist ein negativer logP-Wert zu vermessen.

Limitationen von Simulationen

Die Simulation von Chromatographie ist extrem komplex und die Aussagekraft von simulierten Chromatogrammen hängt stark von den zu analysierenden Substanzen, Fließmitteln und Säulen ab. Außerdem sind die experimentellen Daten teilweise fehlerbehaftet, so dass auf einer nicht exakten Datengrundlage gearbeitet wird. Des Weiteren werden bei Simulationen oft einige Behauptungen als gegeben vorausgesetzt, die nicht der Realität entsprechen. So wird in der Regel davon ausgegangen, dass die stationäre Phase gleichmäßig mit runden Partikeln des gleichen Durchmessers bepackt ist, die Dichte und Viskosität der mobilen Phase konstant sind, der Prozess isotherm abläuft und der Eluent inert ist. 5 Unbedingt zu beachten ist, dass die zugrundeliegende Datenbank der einzelnen Programme experimentell erhoben wird, so dass die Qualität der Daten abhängig vom Können des Experten ist.

Gründe für Diskrepanzen von Simulationen und Messdaten

Beobachtete Diskrepanzen zwischen Simulation und experimentell ermittelten Messdaten könnten ursächlich auf eine nicht ordnungsgemäße Versuchsdurchführung hinweisen ( z.B. Säulenverschmutzung bei Proteintrennung oder fehlerhafte Verdünnung). Dieselben Fehler könnten jedoch auch theoretisch bei den Versuchen, die als Grundlage für die Datenbank genutzt werden, passiert sein.

Einzelnachweise

- Praktikumsskript Dr. Thomas Kellner, Instrumentelle Analytik 4. Semester Pharmazie 09 (Corona), 22.Oktober 2021, S.75ff.
- Vorlesungsskript Prof Dr. Herman Wätzig, Vorlesung Instrumentelle Analytik

1 Zobel-Roos, S. (2018, Juni). Entwicklung, Modellierung und Validierung von integrierten kontinuierlichen Gegenstrom-Chromatographie-Prozessen. S.1ff.

2 Erstellt von Aaron Erfanian

4 Europäisches Arzneibuch 10. Ausgabe 1.4 Monographien

5 Schmidt-Traub, H., Schulte, M. & Seidel-Morgenstern, A. (2013). Preparative Chromatography. Wiley, S.324